Fertig. Da ich nicht rezensieren kann wie Herr tinius und es mit einer simplen Inhaltsangabe nicht getan ist, versuche ich es mal anders. Soweit ich das sehe, ist der Herr Libbertz von vielen Menschen umgeben, die ihm wohlgewogen sind. Aus unterschiedlichster Motivation. Mein Vorteil ist: ich kenne ihn nicht, will nichts von ihm und bin an einer Eintrittskarte in die Münchner Szene nicht interessiert. Ich lese ab und zu in seinem Blog wie in vielen anderen auch, hab ihn live in Hamburg lesen hören und wollte wissen, ob ihm der Sprung vom Blogger zum Schriftsteller gelingt.
Lieber Roman,
ich weiss nicht, wie ich es sagen soll. Vor allem so, dass es nicht länger wird als Ihr Buch. Das Gute zuerst: bei der Drumrumrecherche (vor allem Blogtexte) stellt man schon fest, dass Sie eigentlich ein Mensch sind, der tiefgründig denken möchte. Der nachfragen will, nachdenken. Der unter die Oberfläche blicken will und blicken lassen will. Und in Ihrem Blog gelingt das auch manchmal. Nein, sogar oft. Im Buch nicht. Es hat den Anschein einer morbiden Faszination durch die Oberflächlichkeit der Welt, in der Sie sich bewegen, zu der Sie dazugehören, obwohl man immer den Eindruck hat, dass Sie sie nicht mögen.
Dabei bleiben auch Sie als Protagonist immer an der Oberfläche, wehen wie ein Blatt im Wind durch die Szenen und vermitteln das Gefühl des “halb zog sie ihn halb sank er hin”-Effekts, den Ihre Umgebung auf Sie zu haben scheint. Ihren Gedankensprüngen ist schwer zu folgen, nicht wegen der Komplexität -zu der Sie durchaus in der Lage wären- sondern wegen des Fehlens eines Spannungsbogens. Ich unterstelle hier mal mit Bedacht Absicht.
Die geschilderten Ereignisse sind ja auch nicht spannend. Das sporadische Autauchen von Namen einiger B-Promis mutet an wie der Versuch eines Gewürzes auf einer Mahlzeit für Magenkranke, die Highlights des Nightlife eine Aneinanderreihung von Bedeutungslosigkeiten, in denen Sie zuweilen zu ersticken drohen. Ich bin hin- und hergerissen zwischen dem Gefühl des Bedauerns für Ihre offenbar unlösbare Verstrickung mit der Welt, in der Sie umherirren und dem Gefühl der Verständnislosigkeit darüber, dass Sie es tun.
Ich empfinde dieses Buch als eine konsequente Aufforderung, Sie lieb zu haben und Sie daraus zu erlösen, aber verbunden mit der Gewissheit, dass Sie genau das brauchen, diese Oberflächlichkeit der Küßchen-Gesellschaft und die Rasanz der Sinnfreiheit, in der Sie mit Ihren Gedanken und Ihrem Versuch, allem irgendwie Sinn zu verleihen, täglich neu scheitern. Vielleicht gibt Ihnen dieses Bemühen das Gefühl, in Wahrheit nicht dazuzugehören, sich abzuheben und sich distanzieren zu können. Man merkt schon, mit welcher Leidenschaft Sie versuchen, sich zu separieren, ohne den Anschluss zu verlieren.
“Triebjagd” - ein passender Titel. Der Versuch, sich in einer wabernden Masse der Kantenlosigkeit anders fühlen zu wollen, trotz der deutlich zu Tage tretenden Abscheu genau dort everybody’s Darling sein zu wollen, das scheinbare Infragestellen, aber sich nachgerade in Lust Wälzende in der Schickeria, das ist der rote Faden, der sich durch das Buch zieht. Und wie es scheint, durch Ihr Leben. Es bleibt leidenschaftslos, ohne Tiefe, wie beim Tiefseetauchen ist es ohne Gewichte nicht möglich, weiter hinunterzutauchen und diese Gewichte fehlen komplett, es zieht Sie immer wieder an die Oberfläche.
Vielleicht habe ich mich ja deswegen durch diese 88 Seiten eher gequält als gelesen, irgendwie erinnerte mich das an Patrick Bateman und das war ungut.
Immerhin war das Buch authentisch. Es passt zu dem, was man in Ihrem Blog liest. Wozu es das Buch nicht gebraucht hätte. Ich bin Ihnen eigentlich als Mensch Roman Libbertz gewogener als vorher. Weil ich Ihnen wünsche, dass Sie die Kurve noch kriegen. Irgendwann.
This is not an exit…
Note: Ich wäre gern Clacqueureuse gewesen, denn ich schreibe auch lieber nett, aber nicht zu Ungunsten meiner tatsächlichen Empfindungen. Je regrette. Aber interessant war es dennoch. Als Studie, quasi. Über die tragische Figur im Buch Ihres Lebens.